Erbauliches, Religiöses und Deftig-humoristisches auf Papier erzählt

Bunte Bilderbogen machten im 19. Jahrhundert das brandenburgische Neuruppin weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Bald jeder Haushalt besaß einen oder mehrere dieser Drucke, auf denen sowohl das aktuelle Zeitgeschehen als auch religiöse Motive, erbauliche Genrebilder oder deftig-humoristische Gegebenheiten dargestellt waren.

Fast in jeder Kinderstube fanden sich Ausschneidepuppen, Papiersoldaten, Ziehfiguren oder Hampelmänner, selbst gebasteltes papiernes Spielzeug, das in Neuruppin gedruckt worden war.

Der von Alois Senefelder erfundene Steindruck gestattete hohe Auflagen in gleichbleibender Qualität, die den massenhaften Absatz der schablonenkolorierten Lithografien möglich machte.

Neuruppin wurde im 19. Jahrhundert zum bedeutendsten Zentrum der Bilderbogenherstellung in Deutschland. In den Druckereien und Kolorierstuben dreier Firmen - Gustav Kühn, Oehmigke & Riemschneider und F.C. Bergemann - wurden insgesamt mehr als 20.000 verschiedene Bilderbogen in einer Millionenauflage hergestellt.

Neuruppin besitzt heute mit mehr als 12.000 Blättern die größte deutsche Sammlung dieser populären Druckgrafik des 19. und 20. Jahrhunderts. Im Museum Neuruppin wird die Geschichte und Vielfalt der Neuruppiner Bilderbogenproduktion dargestellt.

Der künstlerische und gesellschaftliche Wert der Bilderbogen ist vielfältig. Viele Darstellungen sind trotz der damaligen Massenauflage nur noch als Einzelstücke vorhanden. So sind sie Zeitdokumente, auch wenn sie mitunter nur einen Teil der Wahrheit erzählen. Neben manchem Sujet, das uns heute als verstaubt, kitschig oder bieder erscheint, gibt es realistische, detailgetreu gezeichnete und kolorierte Bogen, die viele Informationen über inzwischen historische Ereignisse,
aber auch über die Lebensumstände des 19. und frühen 20. Jahrhunderts vermitteln. Manche Verse und Spruchweisheiten haben bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren.

Im ehemaligen Druckereihaus befindet sich heute die Bilderbogenpassage. Sie wurde im April 2011 zum "Unser Denkmal des Monats" als Ort der Kultur.