27.03.2025 - "Schon gehört? 13 Ortsteile, 30 Jahre"
Am Mittwoch, den 26. März 2025 um 16 Uhr lud das Amt für Kultur und Tourismus der Fontanestadt Neuruppin alle Bewohnerinnen und Bewohner der Ortsteile und Interessierte zum Projektabschluss nach Wuthenow (Altes Wiegehäuschen in der Dorfstraße) ein.
Seit Sommer 2024 setzt die Fontanestadt gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Neuruppiner Ortsteile ein kulturtouristisches Projekt um, mit dem eine touristische Audiotour durch alle Ortsteile erstellt wurde. Hinweistafeln, Bäume und Bänke wurden aufgestellt und laden zum Verweilen und Hören ein.
Der Titel des Projektes „13 Ortsteile, 30 Jahre“ bezieht sich auf den 5. Dezember 2023, denn an diesem Tag jährte sich der Gebietsänderungsvertrag zum 30. Mal. Drei Jahrzehnte zuvor waren auf dieser Grundlage Alt Ruppin, Buskow, Gnewikow, Gühlen-Glienicke, Karwe, Krangen, Lichtenberg, Molchow, Nietwerder, Radensleben, Stöffin, Wulkow und Wuthenow als Ortsteile der Stadt Neuruppin zugeordnet worden. Neben einer Festveranstaltung am Jahrestag im Landhaus Kastanie in Karwe sollte etwas Bleibendes für die Ortsteile entstehen. Das Amt für Kultur und Tourismus konnte Fördermittel in Höhe von 72.000 € einwerben, um ein kulturtouristisches Projekt gemeinsam mit den Ortsteilen zu realisieren.
Bei dem Auftakttermin am 16. Juli 2024 mit circa 25 Interessierten im Dorfgemeinschaftshaus Gnewikow wurden Ideen, Wünsche und Maßnahmen miteinander diskutiert und abgestimmt. In den darauffolgenden zwei Monaten wurden diese sortiert, durchdacht und in ein Konzept gebracht. Federführend war dabei das von der Fontanestadt beauftragte Büro für visuelle Kommunikation polyform aus Berlin. Bei einem weiteren Treffen im September im Museum Neuruppin wurde der Entwurf des Hinweisschildes durch Frederic Brueckel vorgestellt und im Anschluss mit den Ortsvorstehenden und Gästen abgestimmt.
Frederic Brueckel, polyform Berlin: „Das Projekt in einem co-kreativen Prozess zu bearbeiten, narrative Elemente und Fakten zu verbinden, akustische und visuelle Informationen zusammenzuführen, war eine besondere Aufgabe. Es galt, ein Konzept zu entwickeln, das den vielfältigen Inhalten und Vermittlungsebenen Rechnung trägt, ohne dabei redundant zu werden. So bestehen Wechselwirkungen zwischen akustischen und visuellen Schichten, von denen auch die Zusammenarbeit mit Christoph Hein geprägt war: Das eine bedingt und ergänzt das andere. Die visuellen Elemente – Stelen und Bankschilder – sind durch ihre prägnante Farbgebung und den informativen Charakter als Hingucker angelegt, die die Audiotour mit kurzen Versatzstücken anteasern und zum Reinhören einladen. Die Konstruktion aus aufrechtstehenden Holzbohlen und Grafikpaneelen wurde mit Blick auf Langlebigkeit entwickelt und fügt sich gut in die Umgebung ein.“
Im Oktober begannen die Aufnahmen für die Audiotour. Engagiert wurde kein professioneller Sprecher; die Bewohnerinnen und Bewohner der Ortsteile selbst sollten zu Wort kommen. Denn diese wissen genau, was ihren Ortsteil so besonders macht und was alle 13 Ortsteile miteinander verbindet; oder eben nicht.
Ariane Feierbach, Ortsvorsteherin Wuthenow: „Die Beteiligung an diesem Projekt hat uns sehr viel Freude gemacht. Vor allem der Austausch innerhalb des Ortes und zwischen unterschiedlichen Generationen war eine Bereicherung. Die Idee keine bloßen, harten Fakten zu präsentieren, sondern die Bewohnerinnen und Bewohner sprechen zu lassen, gibt dem Ort ein anderes, „echtes“ Gesicht. Wir sind sehr stolz ein Teil des Projektes zu sein, an dem so viele Bewohnerinnen und Bewohner selbst teilgenommen haben und freuen uns, den Touristen und Besuchern eine weitere Sicht auf unseren Ortsteil zu geben.“
Für mehrere Wochen begab sich daher Christoph Hein in die Ortsteile und konnte zahlreiche Geschichten und Anekdoten aufnehmen.
Christoph Hein, Autor, Redakteur: „Zum Projektauftakt im Sommer 2024 haben Frederic Brueckel von polyform und ich eine Radrunde durch die Neuruppiner Ortsteile gedreht. Bei Top-Wetter stießen wir in den Dörfern auf gähnende Leere. Wir haben uns gefragt, wo hier das Leben zu finden ist und wer wohl erzählen möchte. Im September bekamen die ersten Menschen von mir ein Mikrofon angesteckt und nahmen mich mit auf eine Erzählreise durch ihren Ort. Viele schöne Begegnungen mit 110 Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern später standen wir vor einem bunten Bild aus unzähligen Geschichten – viel zu viele, um sie alle in die Tonspuren aufzunehmen. Aber schon ein kleiner Teil davon sollte reichen, um all jenen eine Idee vom Dorfleben zu vermitteln, die wie wir unter der Woche zur Mittagszeit am Anger stehen und sich fragen, von wem die gepflegten Häuser wohl bewohnt sind.“
Unter dem Titel „Schon gehört?“ sind diese Geschichten per QR-Code in jedem Ortsteil abrufbar. Wer es nicht schafft alle Ortsteile aufzusuchen, kann die Audios über die Website des Tourismusservice Neuruppin (https://www.tourismus-neuruppin.de/kultur-erleben-neuruppin/ortsteile-neuruppin) abrufen. Und das Reinhören lohnt sich. Oder wussten Sie von Kirschdieben in Gnewikow, dass eine alte Ulme in Buskow über Generationen als perfektes Versteck dient, oder von der unbemannten Kutsche, die von Wulkow bis nach Nietwerder raste?!
Nico Ruhle, Bürgermeister der Fontanestadt Neuruppin: „Jeder Ortsteil hat seine eigene, bewegte Geschichte, die die Bewohnerinnen und Bewohner prägt und vor allem den Zusammenhalt untereinander fördert. Das macht die Ortsteile so lebenswert. Das Projekt „13 Ortsteile, 30 Jahre“ wollte genau das – die Identität und das Besondere – herausstellen und für Besucherinnen und Besucher sichtbar machen; über Hinweistafeln oder Audio-Touren. So ein Jubiläum wird gefeiert und doch schnell wieder vergessen. Wunsch der Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher war es daher, dass etwas Bleibendes für alle in ihrem Ort entsteht. Das Projekt ist ein gutes Beispiel einer Gemeinschaftsarbeit. In einem partizipativen Prozess wurden die Ortvorsteherinnen und Ortsvorsteher, Bewohnerinnen und Bewohner der Ortsteile zur Beteiligung aufgerufen. Gemeinsam wurde die Idee entwickelt, das Design diskutiert und der Inhalt miteinander abgestimmt. Es ist authentisch und macht Spaß zu entdecken.“
Das Projekt wurde durch die Investitionsbank des Landes Brandenburg ILB aus dem Programm „Zusammenhalt in kleinen Gemeinden und Ortsteilen für eine zukunftsorientierte Regionalentwicklung“ gefördert. Die Fontanestadt Neuruppin brachte 8.000 € Eigenmittel für die Umsetzung des Projektes auf; die Gesamtkosten betragen rund 80.000 €. Zusätzlich wurden durch das Sachgebiet Stadtgrün finanzielle Mittel für die Pflege der Bäume bis 2027 zur Verfügung gestellt.